Was ist neu – Was bleibt gleich?
Am 26. November 2013 hat Creative Commons ihre neuen Lizenzen Version 4.0 veröffentlicht – Pressemitteilung
Die neue Version 4.0 ist nicht einfach bloss eine Anpassung an aktuelle Veränderungen der Rechtslagen.
Sondern eine neue Generation um die globale Nutzung von Creative Commons Lizenzen in den nächsten 10 Jahren noch weiter zu stärken.
Man kann sagen, dass es sich um einen sehr erfreulichen Meilenstein in der Erfolgsgeschichte von Creative Commons handelt. Viele Änderungen liegen in Details und werden für Anwender kaum je sichtbar werden. Nachfolgend werden die wesentlichsten Änderungen für Nutzer beschrieben.
Fazit
- Die neuen Creative Commons Lizenzen Version 4.0 sind einfacher, kürzer und regeln potentielle Streitigkeiten trotzdem klarer. Das Potential für Missverständnisse wurde wesentlich verkleinert.
- Sie gelten neu auch für Datenbanken was im Internet von immanenter Bedeutung ist. Nach Schweizer Recht bisher nicht von Bedeutung.
- Die verwandten Schutzrechte sind neu auch Bestandteil der Lizenzen.
- Ein Persönlichkeitsschutz zum Schutz vor politisch motivierter Verfolgung in Staaten mit niedrigem Schutzniveau der Meinungsäusserungsfreiheit wurde eingeführt – Anonymität.
- Während 30 Tagen können Lizenzverstösse behoben werden – Heilungsfrist.
- Der automatisierte License Chooser wurde massiv verbessert und die CC Länder Teams müssen die Lizenzen nur noch übersetzen, das mühselige Portieren fällt weg.
1. Was ist neu?
Original Details in Englisch – Entwicklungsprozess seit Draft I & wichtigste Änderungsentscheide.
– Bessere Lesbarkeit & globalere Lizenz
Version 4.0 ist ganz allgemein deutlich einfacher zu lesen, wesentlich kürzer und viel besser strukturiert bzw. gegliedert. Sie gleicht nicht mehr einem Textdschungel. Rechte und Pflichten sind jetzt sowohl für Lizenzgeber als auch für Lizenznehmer viel klarer, weshalb weniger Missverständnisse, Unklarheiten und Uneinigkeiten entstehen.
Weiter wurde in den letzten sechs Jahre die Version 3.0 in enger Zusammenarbeit mit hunderten Volontären in über 60 verschiedene Rechtssysteme adaptiert – d.h. der jeweiligen Rechtslage angepasst. Involviert waren weltweit die besten Köpfe rund um Urheberrecht und offene Lizenzen. Auf diesem Weg hat die Creative Commons Bewegung enorm viel gelernt und viele Nuancen in die neue Generation 4.0. einarbeiten können, um die sich Nutzer nicht mehr kümmern müssen.
Die Version 4.0 ist jetzt derart international aufgebaut, dass sie keiner weiteren Portierung in die verschiedenen Rechtssysteme mehr bedarf – ready-to-use around the world, without porting. Somit gibt es nur noch Übersetzungen der Lizenzen.
Das ist für alle Anwender einfacher (Lizenzgeber & Lizenznehmer) und erleichtert insbesondere die Arbeit der hunderten Volontäre innerhalb der Creative Commons Community massiv. Die müssen die Lizenz nur noch übersetzen und sich nicht mehr wie früher mit dem extrem langwierigen Portierungsprozess auseinander setzen.
– Freie Lizenzen jetzt auch für Datenbanken
Diese Neuerung war innerhalb der globale Creative Commons Community sehr umstritten und führte zu einer richtig gehenden Kontroverse die schlussendlich in einem Strukturbruch endete.
Die Frage wie mit gespeicherten Daten und Datenbanken umzugehen ist, ist in Zeiten global vernetzter Inhalte, die notorisch in Datenbanken gespeichert sind, selbstredend von enormer Bedeutung. Sie ist auch ausserhalb der Creative Commons Community auf dem globalen Polit-Parkett omnipräsent und immer wieder neu umstritten.
In der Schweiz fordern einige Seiten einen eigenen – sui generis – Schutz von Datenbanken ebenfalls seit Jahren, während in andere ebenso vehement ablehnen. Bisher wurde darauf verzichtet – anders im EU-Recht, z.B Deutschland.
Kurz zusammen gefasst lässt sich aber festhalten, „dass CC-Lizenzen nun endlich auch für Daten so einsetzbar sind, wie man es fürs Urheberrecht schon seit rund 10 Jahren gewöhnt ist. Da im Netz inzwischen fast aller Content irgendwie in Datenbanken steckt, wird es spannend sein, die Auswirkungen zu beobachten, die der Sinneswandel von Creative Commons haben wird„, wie John H. Weitzmann von iRights Info in diesem Artikel ausführlich erklärt.
– Mehr Anonymität, wenn gewünscht
Mit der neuen Version können Urheber explizit verlangen, dass die Namensnennung wegfällt. Dies kann dann von Bedeutung sein, wenn einem Urheber eine Änderung nicht gefällt und er sich davon distanzieren möchte.
Ebenfalls von Bedeutung sind Fälle, wo künstlerische Äusserungen politische Botschaften enthalten und sich Urheber in Ländern mit schwachem Schutz der Meinungsäusserungsfreiheit vor staatlicher Verfolgung schützen müssen – englische FAQ
– 30 Tage Fenster zur Korrektur von Lizenzverletzungen
Verletzt ein Lizenznehmer die Lizenz, fällt die Berechtigung zur Verwendung es Werkes weg. Wird der Fehler innerhalb von 30 Tagen ab bekannt werden korrigiert, lebt die Berechtigung automatisch wieder auf – sog. „Heilungsfrist“ – englische FAQ
– Letzte Lizenz massgebend
Sobald jemand ein Werk ändert und danch unter einer anderen Lizenz wieder veröffentlicht, entsteht eine neue Lizenz. Gleichzeit schwingt aber die alte, also die erste Lizenz, weiterhin mit. Wird das Material dann wieder weiterverwendet, müssten eigentlich beide Lizenzen berücksichtigt und genannt werden. Von Bedeutung wird das z.B. bei der Weiterverwendung eines Remixes.
In der Praxis versteht das allerdings kaum jemand und wird selten 100% korrekt eingehalten. Da die Unterschiede, der auf diesem Weg entstandenen Lizenzen jedoch eher akademische Natur sind, wird neu auf dieses Detail verzichtet und es genügt, wenn die letzte Lizenz berücksichtigt wird – englische FAQ’s
2. Was bleibt – trotz intensiven Diskussionen – wie gehabt
Der Umstand, dass die Version 4.0 eine neue Lizenz werden sollte, veranlasste viele Kreise dazu, schon lange geführte Debatten über gewisse Probleme besonders intensiv in die global geführte Vernehmlassungen einzubringen. Nach intensiven Diskussionen mit allen Creative Commons Länder Teams und weiteren Institutionen, wurden nachfolgende Forderungen in den neuen Lizenzen schlussendlich nicht aufgenommen.
– Keine Änderung der Definition „nicht komerziell“
Innerhalb der CC Community sprachen sich gewisse Lager für eine neue, mithin genauere (engere) oder umgekehrt weitere Definition des Terminus „non commercial“ aus. In dieser ebenfalls äusserst hitzig geführten Debatte, wurde schlussendlich entschieden nichts zu ändern. Nicht zuletzt deshalb, weil sich die jetzige Definition über die vergangenen zehn Jahre hinweg etabliert habe und eine Änderung unnötige Komplikationen auslöse.
– Keine Schutz gutgläubiger Nutzung
Es wird weiterhin darauf verzichtet eine allgemeine Rechtegarantie einzuführen. Eine solche würde bedeuten, dass sich Nutzer auf den Gutglaubensschutz berufen können, wenn sie fälschlicherweise davon ausgingen, dass Rechte vergeben wurden, die nicht vergeben worden sind.
Eine solche wird von einigen Kreisen immer wieder gefordert. Einen solchen Schutz sehen aber auch die Gesetze nicht vor und gerade bei Creative Commons ist dies in der Praxis oftmals schlicht nicht möglich oder mit einem unverhältnismässigen Aufwand verbunden. Bei grossen Sammlungen zum Beispiel, werden CC Lizenzen massenweise vergeben. Eine Verpflichtung zur Einzel-Kontrolle ginge daher zu weit.
– Kein automatisches Update auf Version 4.0
Auch die neue Lizenz Version 4.0 ersetzt alte Versionen nicht. Das war bei Creative Commons schon immer so, mit der Begründung, dass der Ersturheber eine Grundentscheidung getroffen hat, die besonderen Respekt verdient. Viele Kreise bemängeln dies als Nachteil und realitätsfern.
– Persönlichkeitsrechte weiterhin nicht Bestandteil
Sobald Werke erkennbare Personen beinhalten (z.B. in Fotos und Video) sind nebst Urheberrechten auch immer die Persönlichkeitsrechte zu beachten. Es geschieht z.B. immer wieder, dass der Urheber eines Bildes mit der Weiternutzung einverstanden ist, nicht aber die abgebildete Person. Es geschieht auch oft, dass Künstler mit einer Veränderung ihrer Werke grundsätzlich einverstanden sind, sich dann aber bei gewissen neuen Werken über die Qualität ärgern und ihr Werk als entstellt bezeichnen.
In diesen Fällen kommt das Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person oder eben das Urheberpersönlichkeitsrecht des Künstlers ins Spiel. Diese Rechte waren bei Creative Commons Lizenzen noch enthalten, was auch weiterhin der Fall ist. Erstens sind diese Rechte international extrem unterschiedlich geregelt und daher ein herunter brechen auf einen minimalen gemeinsamen Nenner als Standart unmöglich. Zweitens ist gerade in Zeiten sozialer Netzwerke der Umgang mit diesen Rechten einem enormen Wandel der gesellschaftlichen Moralvorstellung ausgesetzt, weshalb Creative Commons quasi lieber die Finger davon hält.
Wo es hingegen umgekehrt darum geht, dass die Personen aus z.B. politischen Gründen nicht genannt werden wollen, wurde dies wie oben erwähnt in der neuen Version zu deren Schutz berücksichtigt (Anonymität).